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Darwins Beichte

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Art: Theaterstück von Dominique Caillat.

Handlung:
April 1851. Annie, Charles Darwins geliebte zehnjährige Tochter, ist infolge einer falschen ärztlichen Behandlung im Kurort Malvern gestorben. In seinem zerrissenen Zustand führt Darwin mit der Toten Scheingespräche über seine lähmenden Ängste und seine Körperbeschwerden,  und er verrät ihr sein skandalöses Geheimnis: wie die Arten entstehen und sich durch Zufall und die Regeln natürlicher Selektion verändern, ohne das Mitwirken Gottes. Zertrümmerung des menschlichen Selbstverständnisses! Homo sapiens wird zum einfachen, zufällig entstandenen Tier zurückgesetzt und nimmt neben den Affencousins im Lebensbaum Platz. Dominique Caillat fügt zwei zeitgenössische Frauen in die Handlung ein, die etwas verwirrte Autorin des Stückes und eine pensionierte Biologin. Die beiden folgen, kommentieren und setzen sich leidenschaftlich mit den Bühnenereignissen auseinander. Dritter Eindringling in diesem mehrschichtigen Stück: ein hybrides Geschöpf, halb Mensch, halb Affe, die sogenannte „Chimäre“. Sie stammt aus den Albträumen Darwins und schildert dessen Angst vor den Folgen seiner Theorie, vor allem dem Skandal, den eine Veröffentlichung verursachen würde, aber auch die Gefahren des sozialen und wissenschaftlichen Missbrauchs seiner Ideen: Eugenik, Klonen und andere unheimliche Experimente, die das Brave New World uns immer näher bringen. Die Chimäre fordert Darwin heraus: Wird sie ihn zum Schweigen bringen? Was ist mit Gott?

Besetzung:
5 Personen: Darwin (um die 50 Jahre), die Autorin (junge Frau), die Biologin (alte Frau), die Chimäre (Affen-Frau), Annie (10 Jahre).

Dauer: 1 Stunde 45 Minuten.

Musik: Tonband.

Zielpublikum: Erwachsene und Jugendliche.

Entstehung:
Das Stück ist ein Auftragswerk der Schweizer Akademie der Naturwissenschaften (SCNAT) anlässlich Darwins 200. Geburtstags 2009. Ziel der Akademie ist es, mit dem Mittel des Theaters eine öffentliche Debatte über die Fragen des Darwinismus anzuregen. Woher kommen wir, wohin gehen wir und mit welchem Sinn können wir unser Leben, das sich durch Zufall entwickelt hat, füllen? Welche Verantwortung übernimmt der Mensch, nachdem er durch die Fortschritte der Wissenschaft Herr über seine Evolution und über die Natur geworden ist? Ist die Wissenschaft ein Werkzeug der Versklavung oder der Befreiung?

Uraufführung und Tournee 2009:
Darwins Beichte wurde November 2009 in Basel uraufgeführt, in einer Inszenierung von Martin Burr (Imprimerie Basel, Werkstätte für Künste und Wissenschaften). Danach ging die Produktion durch die deutschsprachige Schweiz auf Tournee (20 Aufführungen in 7 Städten). Parallel wurde die französische Fassung des Stückes, La Confession de Darwin, in der französischen Schweiz präsentiert (Inszenierung François Rochaix, Tournee: 22 Aufführungen in 5 Städten).  
Das Ensemble der Imprimerie Basel platzierte die Vorstellung Darwins Beichte in ungewöhnlichen Räumen – Kirche, Schiff, Universität, Naturmuseum u.a., und ließ das 5 Personen-Stuck von zwei Tänzerinnen darstellen, wobei Darwin nur über Tonband zu hören war. Übergänge zwischen Mensch und Tier, Lüften von Geheimnissen und Fragen ums Gestalten von Leben begleiteten das Ensemble und seine Gäste auf ihrer Schweizer Tournee.

Künstlerische Mannschaft :

Realisation: Martine Burr
Ausstattung:  Valerie Hess, Raphael Höglhammer, Stefanie Schaad
Musik, Perkussion: Samuel Rohrer
Darsteller, Choreographie: Jorinde Kuiper, Rebecca Weingartner.

Kritiken:

„Sinnlichkeit und Darwins Theorie: Darwins Beichte, ein Stück von Dominique Caillat, ist ein gelungener Versuch, Darwins Theorie zu koppeln mit szenischer Darstellung. Darwin wird spannend gemacht und durchaus kritisch betrachtet. Angeregt und voller Sinnlicher Eindrücke verlässt man den wunderbaren Theatersaal.“
(Joerg Jermann, Basler Zeitung MZ)

„Das Stück ist von A bis Z genial und aus Sicht der Evolutionsbiologie in der künstlerischen Umsetzung von Thema und Inhalt einfach umwerfend. Ich selbst bin hier an der Uni Bern Professor für Evolutionsbiologie und aus Sicht der Wissenschaft ist der Inhalt einwandfrei und überzeugend. Die gesellschaftlichen und gesellschaftspolitischen Dimensionen von Sozialdarwinismus und Eugenik bis hin zur modernen Gentechnik, und die Implikationen für die zukünftigen Generationen, die Welt und das Leben allgemein, werden kritisch ausgeleuchtet, und zeigen auch, dass viel Absurdes erst später als solches erkannt wird, und wir in unserem Zeitgeist nicht davor geschützt sind. Ich habe mir gedacht, dass dieses Stück auch für das Fernsehen sehr geeignet wäre, zum Beispiel als eine Art Finissage zum Darwin-Jahr, über das in der Presse und auch im Fernsehen und Radio viel berichtet wurde. Oder einfach als eigenständige Produktion. Filmerisch gut umgesetzt würde dieses Stück sehr viele Leute die an Wissenschaft, Gesellschaft, Kunst, Theater und Philosophie interessiert sind, ansprechen. Auch Gymnasien beispielsweise wären an so etwas interessiert da es eine fächerübergreifende Diskussion von Biologie zu Philosophie, Geschichte und Gesellschaft erlaubt und erzeugt. Es ist deshalb ein aus meiner Sicht ein gesellschaftspolitisch sehr wichtiger Beitrag zu einem Thema, das üblicherweise in wissenschaftlicher Trockenheit abgehandelt wird und entsprechend relativ wenige Leute anspricht.
(Heinz Richner, Co-Direktor des Institute of Ecology and Evolution, Universität Bern)

Hintergrundmaterial:

Stückeinführung der Autorin: „Im darwinistischen Universum“>>

Charles Darwin und die Evolutionstheorie >>

"Darwins Beichte" Webseite (auf Französisch) >>

 

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